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Queer-O-mat

Schnipp, schnapp – ab! Betrachtungen zum ZtG Kolloquium „Körperformen sind Geschlechternormen. Alte und neue Schnittmuster“

Schnipp, schnapp – ab!
„Körperformen sind Geschlechternormen. Alte und neue Schnittmuster“
Wissenschaftliches Kolloquium des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin.

Von Katrin Köppert

Der Körper als Dauerbrenner wissenschaftlicher Analysen stand, sicherlich auch im Zuge der neu aufkeimenden Körperdiskurse rund um Germany`s Next Topmodel und Roches „Feuchtgebieten“, im Fokus des ZtG-Kolloquiums „Körperformen sind Geschlechternormen. Alte und neue Schnittmuster“. Doch handelte es sich um ein ganz anderes Kaliber Körperoberflächen bezogener Betrachtungsweisen. Der Körper als Gegenstand der Untersuchung galt den eingeladenen Wissenschaftler_innen nicht als ausbeutbare und vermarktbare Materialität des Menschlichen, sondern vielmehr der Verortung von Wissen als vergeschlechtliches Wissen von Körper. Eine reine Wahrnehmung des Körperlichen an sich kann nicht gelingen, da die Genderbrille fest auf unserer Nasenwurzel verhaftet ist. Das (konstruiert) biologische Geschlecht sowie bestimmte und bestimmende Geschlechterkodierungen haben sich auf die Oberfläche des Körpers eingeschrieben und sie bis ins Innere des Körpers durchdrungen. Der Blick auf den Körper und das Verstehen von Körper ist durch und durch vergeschlechtlicht.

Gerade deswegen, so könnte mensch spekulieren, ist der Druck auf den Körper so enorm, dass Transformationen, Eingriffe und Optimierungen nahezu die logische Folge sind. Schließlich geht es nicht nur um die Fixierung allgemein ästhetischer Ansprüche, sondern um die Stabilisierung der dahinter stehenden Geschlechterordnung in einer erodierenden Gesellschaft. Sicherheit soll das eigene kleine Haus liefern und die Körperhülle den Schutz vor der Verunsicherung und Pluralisierung von Geschlecht. Ähnlich dem Rückzug auf die bürgerliche Couch ist ein Rückzug ins Eingemachte zu verstehen – in den Körper, über den mensch verfügen kann. In der von Nina Degele beschriebenen Privatheitsideologie drückt sich der Mythos vom „sich für sich selbst schön machen“ aus. In der Annahme, (Selbst)Sicherheit aus dem eigenen Körper schöpfen zu können, gehen Geschlechterordnung, Sozialdarwinismus, Technikdeterminismus und Ökonomie einher. Erst schminkt sich „frau“, weil sie darauf vertraut, dass dies typisch weiblich wäre, dann strafft sie sich, weil sie darauf vertraut, dass sie mehr Chancen auf dem Markt (Arbeitsmarkt, Hochzeitsmarkt etc.) hat und dann vertraut sie ihre Brüste einem Chirurgen an, der für ein gesellschaftliches Phänomen, über die entsprechende Technik verfügt und zufällig Gewinn einstreicht. Ein in sich geschlossenes und funktionierendes System der Normierung.

Paula Villa verweist zudem in ihrem Vortrag auf die Mühe und Anstrengung der Herstellung einer einst natürlich begriffenen Geschlechterdifferenz. Galt bis vor kurzem die Natürlichkeit als hinreichende Begründung, alles Wesentliche der Geschlechter gesagt zu haben, wird nunmehr der Akt der künstlichen Herstellung eines Geschlechterkörpers ausgestellt. Ähnlich ernsthaft, wie die Frauen der 2. Frauenbewegung um die Selbstermächtigung ihres Körpers kämpften, kämpfen „Frauen“ heute um die Selbstbeherrschung und Optimierung ihres Körpers im Sinne eines besseren und erfolgreichen Lebensstiles. Frauen trimmen ihren Körper, wie in der TV-Serie „The Swan“ illustriert, um das Produkt des richtigen Körpers erbringen zu können, was nicht mehr nur auf Frauen zutrifft. Die Normalisierung orientiert sich dabei nicht mehr am faktisch Normalen, so dass eine Differenzierungslogik zum Politikum gemacht werden muss, um weitere verheerende Eingriffe in den Körper, wie z.B. Operationen des Genitalbereiches verhindern zu können.

Schluss mit schnipp, schnapp – ab!

Link zur Veranstaltung findet ihr hier

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