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Queer-O-mat

Isaac Julien im Museum Brandhorst/München bis Juni 2010

Seit dem Filmerlebnis „Looking for Langston“ vor noch nicht allzu langer Zeit behielt ich den Filmemacher, Künstler und momentanen Professor an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Isaac Julien im Hinterkopf und begegnete ihm in Form seiner Installation “Western Union: Small Boats” im Museum Brandhorst in München.
Neben den durch die hellen Ausstellungsräume hervorgehobenen „Größen“ Andy Warhol, Damien Hirst oder Cy Twombly geht der dunkle Vorführraum im Untergeschoss nahezu unter und lockt lediglich durch die Soundcollage. Jedoch auf einer der Bänke niedergelassen, nehmen einen die 5 Bildschirmprojektionen insofern genommen, dass mensch ähnlich eines Rundkinos mitten im Geschehen zu sitzen scheint und sich schlecht von dem Gezeigten abgrenzen kann. Demnach bin ich als Zuschauer*in angesogen von den Bildern voll landschaftlicher Schönheit und abstrahierter Ästhetik großaufgenommener Schiffe. Jedoch versinnbildlichen ebenjene Schiffe inmitten der sommerlichen Mittelmeeratmosphäre das Elend und Leid derer, die auf die heruntergwirtschafteten „small boats“ angewiesen sind, um ihren Traum von einem besseren Leben in Europa zu verwirklichen.
Die Übereinanderlagerung visueller Ästhetik und narrativer Verelendung afrikanischer Migrant*innen an den Küsten Italiens spiegelt sich in den als Traumsequenz fungierenden Bildern eines Barockschlosses in Palermo, das die Utopie eines glanzvollen Lebens ausdrückt, jedoch nicht ohne auf die (Kolonial)Geschichte europäischen Reichtums hinzuweisen. In einer Einstellung ist ein Leopard zu sehen, der nicht nur auf die koloniale Imagination des Dschungels hinweist, sondern auf den Roman „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi, Fürst von Lampedusa, rekurriert. Der im Roman ironisierte Kampf des sizilianischen Fürstenhauses gegen das erstarkende Bürgertum im 19. Jh. lässt sich somit umdeuten in den gegenwärtigen Kampf eines sich abriegelnden Europas gegen Migrant*innen.
Die Offenlegung dieser Dramatik erfolgt jedoch nicht banal oder im Ton einer Vorwurfshaltung. Stattdessen bewirkt die Nähe von Schönheit und Leid oder z.B. von legitimiertem Tourismus und verunmöglichter Migration die Subtilität eines Unwohlseins, das nicht in Wut umschlägt oder zur Notwendigkeit eines politischen Umsturzes gereicht. In diesem Sinne ist die Umsetzung des letzten Teils der Trilogie audiovisueller Installationen von Isaac Julien ein Höhepunkt der insgesamt sehenswerten Sammlung Brandhorst.

Isaac Julien: WESTERN UNION: small boats (5 screen)
im Museum Brandhorst bis zum 11.Juni 2010

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